Glencoe von Charlotte Lyne
Glenlyon, 1678: Auf dem Begräbnis der hochgeachteten Jean Campbell, taucht Alasdair „Sandy Og“ MacDonald auf, um seine, im Würfelspiel gewonnene Braut Sarah zu fordern. Sarahs Onkel Robert Campbell of Glenlyon verweigert Sandy Og die ihm versprochene Braut und so sieht Sandy Og sich gezwungen Sarah zu entführen.
Beide sind Außenseiter ihres Clans, für den jeweils anderen aber das größte. Trotz ihrer tiefen Liebe zueinander, machen Sandy Og und Sarah sich das Leben oft schwer, da sie kaum die richtigen Worte füreinander finden.
Nach 12 Ehejahren und einem gemeinsamen, leder verkrüppeltem, Sohn fühlt Sarah sich noch nicht heimisch in Glencoe. Das Ehepaar macht es sich gegenseitig nicht leicht. Schweigen führt hier zu schwerwiegenden Missverständnissen. Von den anderen Clanmitgliedern fühlt sie sich nicht beachtet und oft ausgeschlossen.
Sandy Og hingegen muss seinen eigenen Kampf ausfechten, jagt er Zeit seines Lebens dem Vorbild seines Vaters dem MacIain von Glencoe und seinem Bruder John den Nachfolgers seines Vaters nach.
In dieser Zeit, bahnen sich auf der politischen Bühne Englands große Ereignisse an, König James muss nach Frankreich fliehen, da seine Tochter Mary und ihr Ehemann William von Oranien ihm den Thron streitig machen.
Die schottischen Clans müssen sich nun entscheiden, wem sie die Treue halten, König James oder William von Oranien. Da sie durch einen Eid an König James gebunden sind, folgen sie dem Aufruf des Königs gegen William in den Krieg zu ziehen und es kommt zu der Schlacht Killiecrankie. Sandy Og ist daher gezwungen, mit seinem Vater in den Krieg zu ziehen und macht sich in der Schlacht einen Namen.
Auf dem Rückweg nach Glencoe plündern die MacDonalds das Land von Robert Campbell of Glenlyon und stehlen sein Vieh. Der zu diesem Zeitpunkt finanziell schon schwer angeschlagene Robert muss, nun um seine Familie zu ernähren, dass Armeekommando auf Fort William übernehmen.
Die Ereignisse spitzen sich immer mehr zu und William bietet den Clans eine Amnestie hinsichtlich ihrer Teilnahme am Aufstand an. Die durch Eid gebundenen schottischen Clans, müssen sich nun entscheiden wem sie die Treue halten.
Kritik
Mit Glencoe hat die Autorin Charlotte Lyne bereits ihren vierten historischen Roman geschrieben und die Messlatte recht hoch angelegt.
In Glencoe erzählt die Autorin, über einen Zeitraum von drei Jahren, wie es zu dem Massaker von Glencoe gekommen ist, politische Ränke und auch persönliche Zerwürfnisse spielen hierbei eine große Rolle. Dies alles ist realitätsnah und einleuchtend erzählt.
Mit einem bildgewaltigen und sehr einfühlsamen Schreibstil, führt die Autorin den Leser in die schottischen Highlands. Charlotte Lyne beschreibt die Landschaft so greifbar in ihrer schroffen und kantigen Schönheit, dass der Leser fast meinen möchte, dies alles vor Augen zu sehen. Auch ist der Stil der damaligen Sprache wundervoll angepasst und dennoch gut zu lesen und zu verstehen.
Zwar nimmt die Geschichte um Sarah und Sandy Og einen großen Teil des Romans ein, diese wird aber raffiniert mit den politischen Entwicklungen und den Absichten der weiteren Personen verwoben. Der Leser hat daher die Chance, dies alles zu verfolgen und ein stimmiges Gesamtbild der damaligen Ereignisse entsteht.
Nach der Entführung Sarahs, kommt es zu einem Zeitsprung von einigen Jahren, so dass der Leser kaum Anteil an der Entwicklung der Beziehung zwischen Sarah und Sandy Og hat, diese bekommt der Leser dann häppcheweise als Rückblicke serviert. Die Gedanken der beiden zueinander sind gefühlvoll, teilweise fast poetisch beschrieben, schade das sich beide mit ihrem Wesen da oft im Wege stehen und es so zu vielen Missverständnissen kommt.
Geschrieben ist der Roman aus den verschiedenen Perspektiven der Protagonisten, so kann der Leser viele getroffene Entscheidungen nachvollziehen. Auch Königen Mary kommt teilweise zu Wort und dem Leser erschließt sich das Leben und Wirken dieser Frau.
Die Protagonisten sind allesamt sehr lebendig und realitätsnah beschrieben. Auf den in vielen Romanen gerne beschriebenen, verklärten Naturburschen verzichtet die Autorin und wirkt dadurch um so glaubwürdiger. Mit Fortschreiten der Geschichte, wird dem Leser auch anfänglich unklares immer deutlicher und die Motivationen der einzelnen Protagonisten wird dem Leser klar gemacht.
Die Beziehungen gerade zu Sarah, die der Auffassung ist, sie würde nicht akzeptiert werden, entwickeln sich, und die Missverständnisse werden nach und nach ausgeräumt. Die stolzen und oftmals sehr sturen Hochländer, machen es sich dabei oftmals sehr schwer.
In einem wunderschönen Einband eingeschlagen,bekommt der Leser auf den Innenseiten des Buchdeckels eine Karte und auch die Kiltmuster der Clans Campbell und MacDonald präsentiert. Anhängend ist ein Personenregister, sowie ein Nachwort in den Charlotte Lyne auf die Ereignisse dieser Zeit zu sprechen kommt.
Fazit
Charlotte Lyne hat mit Glencoe einen gefühlvollen Roman um das Leben, das Lieben und auch das Sterben geschrieben, in dem sich zu erklären versucht wie es zu solch tragischen Ereignissen, wie dem Glencoe Massaker, kommen kann.
Glencoe ist kein Roman der mal eben zwischendurch gelesen werden kann, diese Geschichte braucht Zeit und ist jede Minute dabei wert. Der historisch begeisterte Leser bekommt hier eine Geschichte präsentiert die historisch korrekt und einzigartig ist.
Autor
Charlotte Lyne, geboren 1965 in Berlin, studierte Germanistik, Latein, Anglistik und Italienische Literatur in Berlin, Neapel und London. Bevor sie mit ihrem Mann und ihren drei Kindern nach London zog, lebte sie einige Zeit in Glencoe, der schottischen Heimat ihrer Schwiegerfamilie. Charlotte Lyne arbeitet als Autorin, Übersetzerin und Lektorin. (Verlagsinfo)
Gebundene Ausgabe: 640 Seiten
Verlag: Bastei Lübbe GmbH & Co.KG (Lübbe Ehrenwirth); Auflage: 1 (25. September 2010)
Sprache: Deutsch
ISBN-13: 978-3431038194
Nadine Warnke
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