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Montag, 30. Januar 2012

[Rezension] Stadt aus Trug und Schatten von Mechthild Gläser



Flora fällt aus allen Wolken, als sie erfährt, dass ihre Seele seit jeher ein nächtliches Doppelleben in der geheimnisvollen Stadt Eisenheim führt. Von nun an wird sie nie wieder schlafen, ohne dass ihr Bewusstsein in die farblose Welt der Schatten wandert. Als wäre das nicht unerfreulich genug, hat ihre Seele offenbar den Weißen Löwen gestohlen, einen mächtigen alchemistischen Stein, nach dem sich nicht nur die Herrscher der Schattenwelt verzehren. Bald ist Flora selbst in der realen Welt vor den Gefahren Eisenheims nicht mehr sicher und eines ist klar: Sie kann niemandem trauen, nicht einmal Marian, der plötzlich in beiden Welten auftaucht und dessen Küsse vertrauter schmecken, als ihr lieb ist. (Verlagsinfo)


Kritik

Mit völlig neuen und innovativen Ideen überrascht die junge Autorin Mechthild Gläser uns Leser mit ihrem Debütroman "Stadt aus Trug und Schatten". Im ersten Teil ihrer geplanten Trilogie macht die Autorin uns mit dem düsteren Eisenheim und seinen Begebenheiten vertraut. Bereits der Prolog verspricht eine spannende Geschichte.

So recht kann man den Roman "Stadt aus Trug und Schatten" keinem Genre richtig zuordnen, Elemente der Fantasy und des Steampunks verbinden sich mit einer Geschichte, die zeitweise in der Realität spielt. Der Plot ist genial und hat viel Potenzial, welches die Autorin gekonnt umsetzt. An zwei Orten spielen sich die Ereignisse ab, einmal in der deutschen Stadt Essen und in Eisenheim, der Stadt in der alle schlafenden Seelen die Nächte verbringen. Anschaulich werden besonders die Schauplätze in Eisenheim beschrieben, verschiedene berühmte Bauwerke, wie Buckingham Palace, Notre Dame, die Pyramiden von Giseh und auch der Kreml liegen dicht beieinander. Aber auch die weniger schönen Orte Eisenheims werden eindrucksvoll beschrieben. Die Aufteilung der unterschiedlichen Handlungsstränge ist dabei sehr gut gelungen. Unterhaltsam und niemals langweilig erlebt der Leser die Abenteuer Floras mit und die Handlung wird intensiviert. Auch das Kennenlernen Eisenheims ist nachvollziehbar beschrieben, so staunt der Leser gemeinsam mit der Protagonistin beim Kennenlernen dieser geheimnisvoll düsteren Welt. Besonders gut gelungen ist auch die Atmosphäre, geheimnisvoll und düster präsentiert sich die greifbare Grundstimmung, die sehr gut vermittelt wird. Mechthild Gläser überzeugt durch fantasievolle Ideen, die die junge Autorin einleuchtend umsetzt. Mit ihren Worten zeichnet sie ausdrucksstark die Welt der Schlafenden und ihr reicher Wortschatz überzeugt. Zwar kommt es immer mal wieder zu sprachlichen Stolpersteinen, das Vergnügen an dieser ganz eigenen Geschichte wird dadurch allerdings nur wenig geschmälert.

Verschiedene Ränkespiele und Geheimnisse sorgen schnell dafür, dass nicht nur Flora ein Problem damit hat, jemandem wirklich zu vertrauen. Auch die Leser sind schnell vor die Problematik gestellt, dass ein jeder Darsteller gegen die Protagonisten intrigieren könnte. Im Laufe der Geschichte gibt es immer wieder neue Wendungen, Nebenhandlungen und neu aufgenommene Fäden, die uns Leser verwirren. Dabei schleicht sich auch der eine oder andere vermeintliche Logikfehler ein, der sich aber so manches Mal doch aufklärt. So wird irgendwann auch klar, dass die Autorin es auf den 412 Seiten nicht alles komplett auflösen kann. Da ist es dann schön zu erfahren, dass es sich um eine geplante Trilogie handelt, wir Leser also doch noch die Möglichkeit haben alles zu enträtseln.

Eines versteht die Autorin besonders gut, eine abwechslungsreiche Spannung zu erzeugen, die fesselt und stetig steigt. Der aufgefeilte Spannungsbogen wird dabei besonders durch geschickt eingestreute Geheimnisse entwickelt. Nicht nur die Frage, wem Flora überhaupt trauen kann, auch geheimnisvolle Figuren und deren Schachzüge sorgen dafür, dass das Buch kaum aus der Hand zu legen ist.

Erzählt wird Floras Geschichte aus ihrer eigenen Perspektive in der Ich-Form. Dabei spricht die Protagonistin so manches Mal auch den Leser direkt an. So ergründet der Leser gemeinsam mit Flora die rätselhafte Welt Eisenheims, deren Gefahren und Besonderheiten.

Bis auf Flora sind die verschiedenen Figuren undurchschaubar und geheimnisvoll konzipiert. Durch facettenreiche Charaktereigenschaften wirken diese glaubwürdig.

Flora wächst bei ihrem schusseligen Vater und einer merkwürdigen Haushaltshilfe auf. Ihre Mutter verließ die kleine Familie früh, etwas, unter dem Flora noch immer leidet. Besonnen und verantwortungsbewusst übernimmt Flora so die Rolle der Frau im Haus. Ganz anders ist da ihre Seele, die risikofreudig und sehr mutig ist, bis Flora aktiv an dem Geschehen in Eisenheim teilnimmt. Das klingt erst einmal unlogisch, warum sollte die Seele so anders sein, wie der Mensch selber? Aber vielleicht liegt genau hier die Lösung, früh an Verantwortung gewöhnt, hat die Seele Floras genau das ausgelebt, was Flora in der realen Welt niemals konnte, bis der Verstand auch in der Traumwelt einsetzt.

Undurchsichtig ist Marian, mal Freund mal Feind. Marian verfolgt seine eigenen Ziele und kollidiert dabei mit den Gefühlen, die er für Flora hegt.

Auch die weiteren Darsteller sind rätselhaft und nur sehr schwer zu durchschauen, bei manchen gelingt dies bis zum Schluss nicht.

Dabei gibt es allerdings auch Figuren, die schlicht überflüssig sind, wie Linus, der Bruder von Floras bester Freundin Wiebke. Dieser hat scheinbar keine andere Daseinsberechtigung, als der gescheiterten Beziehung mit Flora hinterherzuweinen und eifersüchtig auf Marian zu reagieren.

Das Cover sticht schon durch seine Schlichtheit ins Auge. Fast komplett weiß ist eine in pink gehaltene Zeichnung sowie Titel und Autorin in gleicher Farbe zu sehen. Von diesen lichten Farben sollte der Leser sich nicht täuschen lassen. Im Inneren erwartet uns eine düstere Geschichte, auf die ein Cover in grauen Tönen zwar besser gepasst hätte, aber kaum so viel Überraschung geboten hätte.


Autorin

Mechthild Gläser wurde im Sommer 1986 in Essen geboren. Auch heute lebt und arbeitet sie im Ruhrgebiet, wo sie sich ihrem Studium widmet und ab und an, laut eigener Aussage, unfassbar schlecht Ballett tanzt - aber nur, wenn niemand hinsieht. Sie hat früh mit dem Schreiben begonnen und ihr Laptop steht noch immer auf der rosafarbenen Schreibtischunterlage, auf der ihre ersten Geschichten entstanden. Inspiration findet sie überall, am besten jedoch bei einer Tasse Pfefferminztee


Fazit

Überraschend ist das beeindruckende Debüt der Essener Autorin Mechthild Gläser zu nennen. Mit dem ersten Band ihrer Trilogie "Stadt aus Trug und Schatten" um die geheimnisvolle Traumstadt Eisenheim überzeugt die Autorin durch einen innovativen und aufsehenerregenden Plot, den sie grandios umsetzt. Kleinere Logikfehler und ein manchmal noch holpriger Schreibstil sind da schnell vergessen und das Gefühl, etwas völlig Einzigartiges erlebt zu haben, bleibt.

Eine gut durchdachte, abwechslungsreiche Geschichte, die sich aus dem Einheitsbrei der üblichen Fantasy abhebt, interessante Charaktere, die bildgewaltige Sprache und immer neue Überraschungen sorgen hier für wundervolle Lesestunden.

Ich kann "Stadt aus Trug und Schatten" bedenkenlos an Leser empfehlen, die einmal ein völlig anderes Abenteuer erleben wollen.


Gebundene Ausgabe: 412 Seiten
ISBN-13: 978-3785574027
Vom Hersteller empfohlenes Alter: 13 - 16 Jahre
www.loewe-verlag.de

2 Kommentare:

Lene hat gesagt…

Hört sich wirklich gut an. Ich hatte das Buch schon ein paar Mal in der Hand, aber war noch unentschlossen. Jetzt setz ich mir das mal auf meine Wunschliste! LG Lene

Anonym hat gesagt…

Hach, ich hab wirklich schon viiiiel gutes über das Buch gehört. Es muss wohl wirklich bald bei mir einziehen :).
Ich wäre sehr gespannt auf Eisenheim muss ich gestehen. Ich mag solche düsteren Orte in Büchern, die etwas geheimnisvolles haben :).

Sehr schöne Rezension!

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